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Präzise Shunts

Fatbardha Mikley, Oberärztin für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie und über zehn Jahre Leiterin der Shuntchirurgie des Vinzenz, im Interview.

Wie sind Sie zur Medizin und später zur Gefäßchirurgie gekommen?
Mikley Fatbardha, Arztin Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie und KoloproktologieIch bin in Durrës, Albanien, geboren, habe in Tirana studiert und komme aus einer großen Familie, in der es vor mir keine Ärzte gab. Schon als Kind hatte ich mden Traum, Ärztin zu werden. Ich wollte mit Menschen arbeiten und ihnen Gutes tun. Während meines Medizinstudiums in Tirana habe ich meinen Fokus auf die Chirurgie, speziell Gefäßchirurgie, gelegt. Da es an der Uniklinik in Tirana nur eine kleine Fachabteilung gab, habe ich meine Facharztausbildung an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) bei Prof. Dr. Axel Haverich in der Herz-, Thorax-, Gefäß- und Transplantationschirurgie und danach in der Klinik Oststadt-Heidehaus in der Abteilung für Allgemein-, Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie gemacht. Inzwischen bin ich seit zehn Jahren Oberärztin in der  Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie im Vinzenzkrankenhaus. Die Chirurgie ist ein Handwerk. Täglich erwarten dich neue Herausforderungen. Als Chirurg muss man flexibel, freundlich, geduldig, geschickt und verantwortungsbewusst sein. Für die Gefäßchirurgie braucht man eine besondere Fertigkeit. Sie hat ein breites Spektrum. Meistens betreut man Patienten jahrelang, weshalb eine gute Teamarbeit innerhalb der Abteilung und zwischen den Kooperationspartnern wichtig ist.

Was sind die Dialyseshunts?
Gefäßchirurgie: ShuntoperationEine Dialyse ist ein Verfahren, mit dem das Blut eines Menschen von giftigen Stoffen gereinigt wird, wenn seine Nieren dazu nicht mehr in der Lage sind. Um eine Hämodialyse (Blutwäschetherapie) durchzuführen, muss ein Shunt eingelegt werden. Für eine erfolgreiche Dialyse müssen pro Minute 200 bis 300Milliliter Blut entnommen und gereinigt werden. Ein ausgereifter Shunt sollte im Idealfall 400 bis  500Milliliter Blut pro Minute fördern. Die normalen menschlichen Venen reichen hierfür aber nicht aus. Bei einem Shunt wird eine Arterie mit einer Vene verbunden. Dadurch bildet sich die Vene deutlich prominent tastbar aus, die Venenwand verdickt sich, sodass diese leicht punktiert werden kann. Damit ist ein einfacher Zugang für die Dialyse möglich. Man hört ein Schwirren oder Rauschen, das sind sogenannte Shuntgeräusche. Meist wird der Shunt operativ am Arm angelegt. Bei ungeeigneten Venen können Shunts mithilfe einer Prothese aus Kunststoff hergestellt werden. Prothesenshunts sind die Operationen zweiter Wahl, weil es ein erhöhtes Risiko für Shuntinfekte oder -verschlüsse gibt. Die Shuntoperationen werden unter Regionalanästhesie durchgeführt. Postoperativ bietet bei uns das Pflege- und Ärzteteam eine sehr gute Betreuung für Dialysekranke. Es gibt auch Alternativen zu Shunts. Die Blutwäsche kann bei der klassischen Dialyse zum Beispiel mittels Vorhofkatheter erfolgen. Die Qualität der Dialyse ist jedoch nicht so hoch wie bei einer Dialyse mittels Shunt.

Warum sind Dialyseshunts wichtig?
Oberärztin Mikley während einer OPDer Shunt ist für den Dialysepatienten die Lebensader. Er ist Voraussetzung für das Weiterleben, die Garantie für eine effektive Dialyse sowie Entgiftung und Wasserentfernung, um täglich aufs Neue bessere Lebensqualität zu erlangen. Was begeistert Sie an der Dialysezugangschirurgie? Die Shuntchirurgie ist eine sehr präzise Chirurgie – seitens der Diagnostik und Indikationsstellung, aber auch der operativen und interventionellen Technik. Es ist ein sehr anspruchsvolles Feld, insbesondere aufgrund der Polymorbidität, also weil dialysepflichtige Patienten an mehreren Erkrankungen leiden.

Mit welchen Berufsgruppen arbeiten Sie zusammen?
Im Vinzenz hat die Shuntchirurgie eine lange Tradition. Wir kooperieren seit Jahren mit niedergelassenen Nephrologen (Nieren, Bluthochdruck), Radiologen (bildgebende Verfahren und Intervention), Kardiologen (Herz), Angiologen (Arterien, Venen, Lymphgefäße) und Internisten (alle inneren Organe) in Hannover und Umgebung. Inzwischen zählen jeden Mittwoch bei meiner Gefäßsprechstunde im Medizinischen Aufnahmezentrum (MAZ) des Vinzenz über vierzig niedergelassene Kollegen als Einweiser. Es ist eine sehr effiziente Zusammenarbeit in Form von interdisziplinären Therapiestrategien. Diese ermöglichen kurze Kommunikationswege und hervorragend kompetente Betreuung unserer Patienten. So können wir auch technisch schwierige Fälle erfolgreich therapieren.

Teambild MAZ und GefäßchirurgieKönnen Sie sich an ein besonderes Erlebnis mit einem Patienten erinnern?
Gefäßpatienten sind Patienten, die man über Jahre kennt und behandelt. Ich erinnere mich an einen Patienten, der vor fünfzehn Jahren in das Gefäßzentrum Oststadt- Heidehaus kam und an einem perforierten Aortenaneurysma (Erweiterung der Hauptschlagader) operiert wurde. Er kam letztes Jahr extra wieder zu mir ins Vinzenzkrankenhaus in meine Sprechstunde, denn nun benötigte er einen Shunt bei Niereninsuffizienz. Er war sehr dankbar, dass wir ihm geholfen haben.

Was schätzen Sie am Vinzenzkrankenhaus?
Schon am ersten Tag fühlte ich mich hier sehr wohl, und es ist so geblieben. Mir gefällt das familiäre Umgehen miteinander. Man arbeitet im Team mit allen Berufsgruppen.